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Album des Windes - Kurzgeschichten

Mond und Stille der Nacht

Ruhe, Tonlosigkeit, sanfte Stille, ein erstrebenswertes Duftziel...

Schlage ich am Morgen meine Augen auf, dann ist es schiere Ernüchterung, die ich zuallererst verspüre. Keine Spur von Freude auf den Tag stelle ich bei mir fest. In mir, da knistert noch leise die schwache Glut des Schmerzenfeuers vom Abend zuvor. Ansonsten ist dort nichts. Nur Stille und Vorahnung ist in mir. Selbst meine alte Freundin, die innere Stimme, sie schweigt. So begreife ich allmählich meine Situation.

Ein Mensch bin ich. Eine im Körper gefangene Seele. Angewidert sauge ich die kühle Luft ein. Brennen in den Augen und Schmerzen in den Knochen fühle ich, bin ich genötigt, mich zu bewegen. Von der Wahrnehmung der Freiheit, da bin ich weit entfernt. Die Sekunden des anbrechenden Alltags, sie fachen dieses Feuer in mir frisch an. Es brennt bereits nach Augenblicken lichterloh in meinem Herzen. Gehöre ich an diesen Ort, in diese Zeit und ist es diese Welt, in der ich mich heimisch fühlen soll? Mein Leben erscheint mir wie ein Auftrag, eine schäbige Mission. Ich sehe mein Sein mit anderen Augen. Jedes noch so feine Ding, es ist zu pflegen und mit Aufmerksamkeit zu ehren. Dem Leben an sich, dem zolle ich Respekt. Doch die Menschen, sie meide ich. Der Mensch umhüllt sich mit Zerstörung, Lärm und Gestank. Doch den Weg zum Leben, ihn findet man stets nur über die Wahrnehmung von Stille und ihren betörenden Düften.

Der Duft der Stille, er wird tief in unserem Herzen erzeugt und vom Geist wahrgenommen. Er belebt das Gefühl der Erinnerung, beflügelt die Phantasie und öffnet das Auge für den Weltenraum der Freiheit. Ergibt das einen Sinn? Nein, ein Sinn ist die Wahrnehmung jenes geruchlosen Duftes doch bereits immer schon gewesen. Bei all dem Lärm und Geschrei jeden Tag, bei all unseren Ängsten und täglichen Nöten, da droht dieser wichtige Sinn der Stille zu verkümmern. Wir Menschen neigen dazu, ihn allmählich zu vergessen und seine Empfindungen schlicht auszuplanen. Zu sehr lieben wir die Erregung durch die Medien, das Aufregen und die Streiterei, als das wir noch bemerken würden, wie wir uns langsam immer schwerer beschädigen. Verlieren wir das Augenlicht, so werden wir blind. Verlieren wir das Gehör, dann ist es die Taubheit, die unser Leben einschränkt und es fordert. Doch verlieren wir den Sinn für das Wahrnehmen des betörenden Duftes der Stille, werden wir irgendwann nicht mehr in der Lage sein, den Weg aus dem lärmenden Alltag zu finden. Auch dem Licht können wir nur entgegenstreben, weil es die Dunkelheit gibt. Finden wir nicht mehr heraus, dann halten uns der Trubel und die Hast gefangen, und wir sehnen uns nach der Freiheit in unserer Erinnerung. Zu diesem Zeitpunkt werden wir allmählich vergessen haben wie es ist, die Vergangenheit zu fühlen. Diese alten Gefühle, so wundervoll und lästig sie auch gewesen sein mögen, sie geraten in den Schlund der Vergessenheit.

Autor: © Alexander Rossa 2019

Link zum Thema Stilleduft
swr.de: Nichtstun ist nicht einfach. Wie gelingt Erholung?

 

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